Als Care-Politik(en) wird die in einem Land etablierte Sorgestruktur mit den konkreten politischen Maßnahmen und Instrumenten bezeichnet. Dazu gehört die gesamte die Sorgeregime kennzeichnende Sorgeinfrastruktur auf der Makroebene ebenso wie die Bereitstellung der Sorgeleistungen auf der Meso- und Mikroebene (vgl. Theobald 2022; siehe auch Theobald 2008, Theobald 2014). Anhand der Care-Politiken in einem Land, zum Beispiel in Bezug auf die familiale Sorgearbeit für ältere Menschen oder auf die nicht-familiale Pflege, lassen sich Typologien entwickeln und im Ländervergleich internationale Unterschiede herausarbeiten (vgl. Eggers/Grages/Pfau-Effinger 2022).
Übersicht
Care.Macht.Mehr
Care.Macht.Mehr (2020): Großputz! Care nach Corona neu gestalten – Ein Positionspapier
zur Care-Krise aus Deutschland, Österreich, Schweiz. care-macht-mehr.com/manifest-2020/ (Abfrage 07.10.2022)
Caring Citizenship
In modernen Gesellschaften ist die Staatsbürger*innenschaft (engl.: citizenship) mit Erwerbsarbeit verknüpft. Dagegen geht das Konzept der Caring Citizens- hip von Sorge als integralem Bestandteil von Staatsbürger*innenschaft, von gesellschaftlichen Teilhabemöglichkeiten und Bürger*in-Sein, aus und erkennt die Einbindung in Sorgebeziehungen als Sorgeleistende und Sorgeempfangende als ebenbürtig an. Erst durch diese grundlegende Erweiterung von Bürger*innenschaft um die Care-Dimension können sowohl Sorge als auch das Citizenship-Konzept vom Geschlecht entkoppelt werden (vgl. Knijn/Kremer 1997, S. 330 ff.).
Caring Commons
Indem Sorge als Commons, also als Gemeingut und gemeinsamer Wert, verstanden
wird, werden Sorgebedarfe und Sorgearbeit jenseits der vier Sektoren
des Sorgediamanten (Staat, Markt, Non-Profit-Organisationen, Haushalte)
selbstverwaltet organisiert und gestaltet. Dabei ist Sorge auch das Leitprinzip des
Handelns. Commons werden somit nicht als Güter oder Ressourcen, sondern als
soziale Beziehungen zwischen Commoners verstanden, die erst im Prozess des
Commoning Care die Caring Commons erschaffen. Die Größe und Reichweite
der Caring Commons kann sehr unterschiedlich ausfallen (vgl. Federici 2019;
Dengler/Lang 2019, Dengler/Lang 2022; Dengler 2022).
Caring Economy
Das Konzept Caring Economy stellt das sorgende Versorgen in den Mittelpunkt des ökonomischen Denkens und richtet das wirtschaftliche Handeln in allen Sektoren am Sorgen für andere, aber auch für sich selbst aus, ohne die ökologischen Zusammenhänge des Versorgens zu vernachlässigen. Schon früh wurde ein Konzept der Caring Economy entwickelt, in dem Sorgetätigkeiten und ökologische Prozesse als grundlegend für jedes Wirtschaftssystem verstanden werden (vgl. Knobloch/Jochimsen 1993; Jochimsen/Knobloch 1997, 2000, S. 15 f.). Aber auch spätere Konzepte der Caring Economy in Theorie und Praxis legen den Fokus sowohl auf Sorge und Versorgung als auch auf Ökologie und Klima (vgl. WBG 2020; The Care Collective 2020; siehe auch Sorgeökonomie und Vorsorgendes Wirtschaften).
Caring Institutions
Soziale, ökonomische und politische Institutionen sind gesellschaftliche Gebilde, die das Handeln von Menschen prägen, aber auch von Menschen geprägt werden. Damit Institutionen zu Caring Institutions werden, sind sie so zu gestalten, dass sie eine sorgende Wirtschaft und Gesellschaft unterstützen. Joan Tronto ist sogar der Ansicht, dass die vorhandenen Institutionen „no longer fit with our modes of caring and need to be revolutionized“ (Tronto 2013, S. 13; vgl. Engster 2007, 123; siehe auch Sorgerevolution). Ein Teil der sorgenden Institutionen sind Caring Organisations.
Caring Organisations
Organisationen sind „von ihrer Umwelt abgrenzbare soziale Gebilde, die über eine angebbare Anzahl an Mitgliedern verfügen und deren Interaktionen und Beziehungen arbeitsteilig auf die Erreichung eines definierten Ziels hin aus- gerichtet sind“ (Wilz 2010, S. 513). Durch ihren Entstehungskontext geprägt, spiegeln Organisationen nicht nur die vergeschlechtlichte Arbeitsverteilung, sondern auch das Doing Care einer Gesellschaft wider. Caring Organisations (vgl. Gössling/van Liedekerke 2014) reflektieren diesen Kontext und die Bedeutung von Sorgetätigkeiten für ihre eigene Existenz. Als Prototyp einer sorgenden Organisation kann der private Haushalt angesehen werden, denn dort steht das Sorgen und Versorgen der Haushaltsmitglieder im Vordergrund. Allerdings sind auch Haushalte vom herrschenden Wirtschafts- und Gesellschaftssystem geprägt. Sorgende Organisationen sind ein Teil von Caring Institutions. Im Unterschied zu Caring Organisations werden als Care-Organisationen alle sozialen Einrichtungen bezeichnet, die Sorgetätigkeiten ausführen.
Caring Policies
Im Englischen bezieht sich der Begriff policies auf den Politikprozess und die damit verbundenen Strategien. Unter Caring Policies wird dementsprechend der Weg zur Entstehung sorgender Politik verstanden. Dabei sollte auch der Weg selbst sorgsam gestaltet werden und dafür kann Care Mainstreaming unterstützend sein. Im Unterschied zu den Sorgeregime beschreibenden Care-Politiken steht bei Caring Policies demnach stärker die zukunftsorientierte Gestaltung im Vordergrund.
Caring Societies
In Caring Societies, also sorgenden Gesellschaften, stellt Sorge das grundlegende Prinzip der politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gestaltung und Organisation dar. Caring Societies sind bislang ein Ideal oder eine Utopie, deren Ideen und Verwirklichung in wissenschaftlichen, politischen, praktischen und aktivistischen Räumen diskutiert und erprobt werden. Die Transformation in Richtung einer sorgenden Gesellschaft verlangt auch nach Caring Institutions und Caring Organisations sowie nach einer zukunftsfähigen und geschlechtergerechten Gestaltung von Sorgesystemen und Sorgebeziehungen. Während die Fachliteratur die Orientierung an einer Caring Society durchaus miteinbezieht (siehe z. B. Engster 2007, S. 118; Social Platform 2012, S. 6), widmen sich nur wenige Publikationen ganz diesem Thema (siehe Oliner/Oliner 1995; Klie 2014; Peters/Vellay 2019).